Seite 33 - Majestic-Buch_DE-2013

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enn eines Tages fand dieser leidenschaftliche Lokomotiv­
führer noch etwas, was weit über den geliebten Beruf
­hinausging: er entdeckte auf einem alten Bahnhof einen
herunter­gekommenen und längst aus dem Betrieb gezogenen
Waggon aus der Werkstätte des originalen Kaiserzuges. Dieser
Waggon weckte seine Phantasie. Und er fing an zu suchen. Gibt
es noch die Originalwaggons, was war der Kaiserzug überhaupt?
Bisher galt sein Interesse eher den modernen Zügen und allen tech-
nischen Neuerungen, wenn ihn auch die eleganten Luxuszügen, die
Pullmannwagen des Orient Express und der chinesische Kaiserzug
schon immer faszinierten. Jetzt war aber plötzlich seine Neugierde
für ein spezifisch österreichisches Thema erwacht und mit dem
Instinkt des Jägers fand er Unterlagen der alten Hofzug-Waggons,
fand alte Pläne, fand die ehemaligen Werkstätten und kaufte mit Hilfe
von Investoren was er bekommen konnte, um seinen zweiten Traum
zu erfüllen: er wollte nicht mehr und nicht weniger, als den kaiserlich-
königlichen Hofzug wieder zum Leben erwecken und aller Welt zei-
gen, welche Pracht und Schönheit dieser Zug einst hatte. Gottfried
Rieck wollte die Menschen des ausgehenden 20. und des beginnen-
den 21. Jahrhunderts in eine Zeit entführen und in eine Gesellschaft
versetzen, die es zwar nicht mehr gibt, die uns normalen Bürgern
seinerzeit ja auch verschlossen gewesen wäre, deren Glanz und
Pracht wir aber jetzt genießen können.
Wir begegnen in ­diesem Zug nicht dem banalen Luxus, den wir
heute überall haben können und der sich so langweilig in den
Hotels aller Länder und Kontinente wiederholt, sondern wir begeg-
nen dem Luxus einer anderen Epoche. Auch wenn wir diese Zeit
bisweilen zu sehr ­verklären und sie uns sorglos vorkommt, weil wir
uns nur an ihren äußeren Schein erinnern und nicht auch an ihre
Brüchigkeit, so gibt sie uns doch auch eine Art historische Zuflucht
und Geborgenheit. Der „Majestic Imperator – Train de Luxe“ will Teil
dieser Erinnerung sein, wir können uns in diesem Zug in die Welt der
Exklusivität ­hineinträumen und die Zeit still stehen lassen. Wir finden
uns plötzlich in einer zeitgenössischen Hofgesellschaft wieder, und
spielen aufs Heiterste ein nostalgisches Theater, in dem wir Spieler
und Publikum zugleich sind.
D
Seite 32: Ankunft in Budapest Nyugati bei Gründungsfahrt am 20. Oktober 1990
(ES)
Unten: Begegnungen im Salonwaggon Ambassador
(MI)